Wuppertal, 01.06.2022. Jede*r Zehnte in NRW ist überschuldet, die Quote liegt mit 10,5 Prozent über dem bundesweiten Schnitt von 8,8 Prozent. Doch die dringend benötigte Schuldnerberatung steht nicht allen Ratsuchenden kostenfrei zur Verfügung. „Viele von Armut und Überschuldung betroffene Erwerbstätige oder Rentner*innen, die mit ihren niedrigen Einkommen gerade mal so über die Runden kommen, fallen durchs Raster“, warnt Christian Woltering, Landesgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes NRW, anlässlich der Aktionswoche Schuldnerberatung.
Einige Kommunen in NRW finanzieren die Schuldnerberatung nur für Menschen, die Hartz IV oder Sozialhilfe erhalten. „Hier muss die neue Landesregierung dringend ran und gleiche Chancen für alle Menschen in NRW schaffen“, so Woltering. „Es kann nicht sein, dass es etwa bei Studierenden, Rentner*innen oder Geringverdienenden vom Wohnort abhängt, ob sie zur Schuldnerberatungsstelle gehen dürfen oder nicht.“ Die bisherige Förderung der Verbraucherinsolvenzberatung in NRW - als ein spezieller Teil der Schuldnerberatung - durch das Land sei zwar flächendeckend angelegt und zuletzt ausgeweitet worden, jedoch längst nicht kostendeckend. „Angesichts der hohen Überschuldungs- und Armutsquote in unserem Bundesland besteht dringend weiterer Handlungsbedarf“, mahnt der Landesgeschäftsführer des Paritätischen NRW. Dabei seien auch die dringend erforderlichen Investitionen in die Digitalisierung der Beratungsstellen zu berücksichtigen. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie oder der Ukraine-Krieg haben erneut gezeigt, wie wichtig es für Menschen in Notlagen ist, rasch und unkompliziert Beratung und Hilfe zu bekommen. „Lebensmittel und Energie werden unbezahlbar. Und verschlossene Türen bei manchen Jobcentern in NRW lassen Menschen hilflos zurück“, so Woltering. Umso wichtiger sei es, dass die Menschen jederzeit auch persönlich Unterstützung in einer ortsnahen Schuldnerberatung bekommen können.
Ein Anspruch auf Schuldnerberatung ist lediglich für Leistungsbeziehende im SGB II und SGB XII geregelt. Der Paritätische fordert einen allgemeinen, für alle überschuldeten Menschen gleichermaßen geltenden Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung. Darüber hinaus gilt es, verstärkt präventive, niederschwellige Hilfen zu fördern, damit eine Überschuldung möglichst frühzeitig vermieden werden kann.
Hintergrundinformationen:
Die Aktionswoche Schuldnerberatung
Veranstalter der bundesweiten Aktionswoche Schuldnerberatung ist die Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungsstellen der Verbände (AG SBV). Die AG SBV vertritt etwa 1.400 gemeinnützige Schuldnerberatungsstellen in Deutschland, in Trägerschaft der Verbraucher- und Wohlfahrtsverbände oder der Kommunen bzw. als Mitglied in einem der Verbände (Deutscher Caritasverband, Diakonie Deutschland, Arbeiterwohlfahrt Bundesverband, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Deutsches Rotes Kreuz, Verbraucherzentralen). Mehr Informationen zur Aktionswoche der AG SBV und zu den Forderungen der Verbände gibt es hier:
www.aktionswoche-schuldnerberatung.de
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